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Leichter, siebengeschossiger Hybrid

28. November 2023

Im Stadtentwicklungsgebiet „Schöneberger Linse“ in Berlin gibt es einen interessanten Mix aus Wohnen, Arbeiten, Kultur und Gewerbe. Am östlichen Abschluss des Quartiers steht das von Tchoban Voss Architekten errichtete Gebäudeensemble EDGE Südkreuz. Das Tragwerk der beiden Siebengeschosser besitzt einen hohen Holzanteil, wodurch das Gewicht reduziert und somit die Bauteile kleiner dimensioniert werden konnten. Im von de Winder Architekten geplanten Innenraum ist ebenfalls das Material Holz prägend.

 

von Thomas Geuder, Der Raumjournalist

 


Blick vom größeren auf den kleineren Baukörper: Die beiden L-förmig angeordneten Gebäude bilden zusammen mit dem markanten, doppelgeschossigen Bahnhofsgebäudes (im Hintergrund) einen städtisch wertvollen Platz aus.

 

Die beiden für ein schwedisches Energieunternehmen errichteten Gebäude zeigen sich auf den ersten Blick mit einem recht gewöhnlichen Äußeren, das sich geschmeidig in die Architektursprache des Orts schmiegt, mit engmaschiger, sehr gleichmäßiger Lochfassade sowie Glasfaserbetonplatten in zwei verschiedenen Farben, wodurch eine horizontale Gliederung entsteht. Durchbrochen wird die Gleichförmigkeit hie und da durch hohe Portale, angedeutete Pilaster sowie mehrgeschossige Fensterflächen und Öffnungen. Durch seine ruhige Art geben gibt das Gebäudeensemble dem Hildegard-Knef-Platz vor dem markanten Etagenbahnhof am Berliner Südkreuz eine sinnvolle stadträumliche Fassung und bildet gleichzeitig einen hochwertigen Auftakt zum Quartier, das dahinter folgt.

 


Das zentrale, lichtdurchflutete Atrium lässt sich über schlanke Treppen zwischen Plattformen auf den „Trees“ flanieren.

 

Großzügiges Atrium als Aushängeschild


Von dem autofreien Platz aus schlüpft man durch eine sieben Meter hohe, gläserne Eingangslobby in das größere der beiden Bürogebäude und gelangt dort nach einigen Metern schließlich in das repräsentative, gebäudehohe und mit ETFE-Folie überspannte Atrium, das vom Tageslicht hell erleuchtet wird. Wirkungsvoll wird das großzügige Raumvolumen von vier „Trees“ gefüllt, die als stilisierte Bäume den Eindruck vermitteln, man befände sich in einer Art Wald. Verschiedene, im ganzen Raum verteilte, kleine bis zu baumhohe, echte Pflanzen verstärken diesen Eindruck zusätzlich. Die Trees haben eine aufstrebende Holzlamellenstruktur, die sich oben in den Baumwipfeln zu Plattformen für informelle Treffen weitet. Der größte Baum hat eine Höhe von knapp 15 m und einen Plattformdurchmesser von 6,20 m, der niedrigste eine Höhe von 4,28 m mit einem Durchmesser von 7,20 m. Verbunden sind sie durch konstruktiv weitestgehend minimierte Treppenanlagen, wodurch ein reizvolles und schwindelerregendes Flanieren durch den immerhin 26 m hohen Raum möglich ist.

 


Auf den Trees sind Ort zum informellen Austausch in luftiger Höhe angeordnet.

 


Auch in den Büroräumen ist Holz das die Atmosphäre prägende Material. Das Tragwerk wird hier in weiten Teilen gezeigt.

 

Leichtes und materialsparendes Tragwerk


Die Trees im zentralen Atrium sind durch ihre Materialität gleichzeitig ein subtiler Verweis auf die Konstruktion des gesamten Gebäudes, dessen Tragwerk ein Holz-Beton-Hybrid mit hohem Holzanteil ist. Der Beton ist vornehmlich für das Fundament und das Untergeschoss eingesetzt, wodurch das Bauwerk eine stabile Basis erhält. Bei der Planung stand für Tchoban Voss Architekten im Vordergrund, den CO₂-Fußabdruck und das Gewicht der Gebäude zu reduzieren sowie möglichst nachhaltige, nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip recyclingfähige Materialien nach modularer Bauweise einzusetzen. So wurden insgesamt 1.190 Holz-Beton-Hybrid-Deckenelemente (Betonstärke: 10 cm, Holzbalkenstärke: 28 cm) verbaut, die auf 1.280 Brettschichtholz-Fassadenstützen sowie Stahlbetonfertigteilbalken im Inneren des Gebäudes lagern. Die Wände werden aus 445 Multibox-Wandelementen mit einer Gesamtfläche von 16.000 m² gebildet. Alles in allem besteht der Hochbau der beiden Ensemblegebäude aus 3.500 m³ FSC-zertifiziertem Fichtenholz. Die hybride Konstruktion hat das Eigengewicht der Gesamtkonstruktion um 50 % verringert, woraus deutlich niedrigere Lastenanforderungen an die Stahlbetonfundamente folgten, was wiederum zu einem geringeren Materialeinsatz führte.

 


Genau genommen bestehen die Decken aus einer Holz-Beton-Hybrid-Konstruktion mit jedoch lediglich einer Betonstärke von 10 cm.

 

Hochwertige und zurückhaltende Gestaltung


Nicht nur im repräsentativen Atrium, sondern auch In den Innenräumen ist das Holztragwerk größtenteils sichtbar, wodurch die Atmosphäre durch eine hölzerne Natürlichkeit geprägt ist. Alle weiteren Decken- und Wandflächen sind weiß, neben dem freundlich hellgrauen Boden in den Bürobereichen finden sich farbliche Akzente in den Besprechungsräumen. So entsteht eine freundlich zurückhaltende Stimmung für die 1.600 Mitarbeitenden, deren partizipativ entwickelte Bürolandschaft verschiedene Nutzungskonstellationen zulässt. Die gesamte räumliche Organisation orientiert sich an einem non-territorialen Arbeitsplatzkonzept, in dem alle Mitarbeitenden innerhalb ihrer „Homebases“ freie Platzwahl haben. Das Büroensemble hat das Zertifikat DGNB Platin mit einer Bewertung von 95,4 % erhalten, die gestalterische und baukulturelle Qualität wurde mit DGNB Diamant zertifiziert.

 

Bilder/Copyrights:

© HG Esch, Hennef

Fotos von de Winder: © Mark Seelen Photography, Hamburg

 

Projektdaten:

 

Projekt: EDGE Südkreuz Berlin

Architektur: Tchoban Voss Architekten, Hamburg/Berlin/Dresden

Innenarchitektur: de Winder Architekten, Berlin

Bauherr: SXB S.à r.l. / EDGE

Generalunternehmer: ARGE SXB, Südkreuz Berlin ZECH Bau GmbH, CREE Deutschland GmbH, Rhomberg Systemholzbau GmbH vertreten durch ZECH Bau GmbH, Berlin

Projektsteuerung: SMV Bauprojektsteuerung Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin

Landschaftsplaner: LP 1-4 hochC Landschaftsarchitektur, Berlin; LP 5 granz + zecher architekten GmbH, Berlin

Statik: Buro Happold GmbH, Berlin; BIT Büro für integrale Tragwerksplanung GmbH, Berlin

Haustechnik: Buro Happold GmbH, Berlin

Nachhaltigkeitsberatung und DGNB/WELL-Zertifizierung: Buro Happold GmbH, Berlin

Fassadenplanung: Arup Deutschland GmbH, Berlin

BGF: 32.000 m²

Fertigstellung: 2022

Standort: Hildegard-Knef-Platz 2 und 3, 10829 Berlin

 

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